Cliffhanger statt Lebenskrise: 3 Wege zu deinem Happy End!

Gleicht dein Leben einem schlechten Film? Dann lerne, deine Probleme dramaturgisch zu analysieren und aufzulösen.

Denn unser Leben ist nur die Geschichte, die wir uns selbst darüber erzählen – und die ist veränderbar! Nutze dies als Chance für mehr Lebensglück und erkenne mit Hilfe der Dramaturgie zukünftig Krisen als Wendepunkte deiner Biografie: Wie es danach weitergeht, liegt in deiner (schreibenden) Hand!


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Unser Leben setzt sich bekanntlich aus vielen Geschichten zusammen, aber es gibt nur eine Geschichte, die wir auch für unser Leben halten: Die, die wir uns selbst darüber erzählen! Doch genauso wie ein guter Film, ist auch das Leben nicht vorhersehbar – ein unerwartetes Ereignis genügt, damit die Seiten unserer Lebensgeschichte wie ein Windstoß durcheinanderwirbeln. Plötzlich macht unsere Erzählung keinen Sinn mehr und fühlt sich an wie ein filmischer „Cliffhanger“, durch den wir scheinbar chancenlos dem Fall in die Tiefe ausgeliefert sind.

Dieses Gefühl kenne ich nicht nur aus meinem eigenen Leben, sondern auch von meiner professionellen Arbeit als Drehbuchautorin. Mit einem Unterschied: Was bei mir im echten Leben Depressionen und Panikattacken auslöste, weiß ich im Rahmen des Schreibprozesses als Zeichen guter Arbeit zu schätzen!

Denn am Ende werden die Geschichten am besten, bei deren Erschaffung sich der*die Schreibende mittendrin genauso verloren fühlt wie die Hauptfigur.

Die Dramaturgie bezeichnet diesen Moment als Midpoint. Der Begriff stammt von Syd Field und aus seinem Buch Screenplay: The Foundations of Screenwriting* (ein Must-have für alle Drehbuchautor*innen und Schreibinteressierten). Der Midpoint markiert den Beginn der zweite Hälfte einer Geschichte und ist die Stelle im Film, in der äußere Umstände die Hauptfigur mit ihrer größten Angst konfrontieren.

Hier drei Beispiele zu Midpoints bekannter Filme (Spoileralarm!):

  • MANCHESTER BY THE SEA*: In dem Oscar prämierten Drama soll der Protagonist Lee auf Wunsch seines verstorbenen Bruders Vormund für dessen einzigen Sohn werden. Für Lee eine unmögliche Bitte, schließlich trägt er in sich noch die unverarbeitete Schuld am Tod seiner Kinder, die durch ein von ihm versehentlich entfachtes Feuer starben. Wie soll er da Verantwortung für seinen Neffen übernehmen?

  • BRIDGET JONES - SCHOKOLADE ZUM FRÜHSTÜCK*: Bei diesem Filmklassiker gegen Liebeskummer (lese dazu auch meinen Blog-Artikel “5 Filme gegen Liebeskummer”) hat sich die Heldin Bridget Jones zwar endlich in Mr. Darcy verliebt, zweifelt nach dessen Kampf mit Konkurrenten Daniel Cleaver allerdings daran, dass er der Richtige für sie ist.

  • KÖNIG DER LÖWEN*: Die Hauptfigur Simba verliert seinen Vater und glaubt, für dessen Tod verantwortlich zu sein. Voller Scham flieht er vor seinen Gefühlen in den Dschungel, wo er sich und die Welt neu kennenlernt.

Im Märchen dringt der heldenhafte Ritter beim Midpoint in die sprichwörtliche Höhle des Bösen vor, wo er nicht nur dem später zu besiegenden Drachen begegnet, sondern auch seiner tief im Unterbewusstsein verborgenen Angst, die ihn bislang auf dem Weg zu wahrem Wachstum behindert hat. Wenn ich beim Schreiben an dieser Stelle eine Blockade spüre, ist das ein Zeichen dafür, dass ich einer authentischen Geschichte auf der Spur bin. Denn nicht nur meine Figur lernt sich in diesem Moment neu kennen, sondern auch ich sie als Autorin. Wie viel einfacher wäre es jetzt, den Helden durch eine abgemilderte Handlung aus seiner schmerzvollen Situation zu retten? Doch das bringt weder mich als Autorin, noch die Figur oder das Publikum weiter - schließlich ist es vor allem geteilter Schmerz, der uns Menschen miteinander verbinden. Als Autorin schone ich meine Figuren deshalb nicht und stürze mich mit ihnen auf ihre größte Angst.

Der Midpoint ist das Schlimmste, was einer Figur im Außen passieren kann.

Gleichzeitig ist er aber auch der notwendige Auslöser für das innere Wachstum eines Charakters - und damit der wichtigste Katalysator für jede gute Geschichte. Denn er zwingt die Figur, Altes hinter sich zu lassen und neue Wege zu gehen (Spoileralarm!):

  • MANCHESTER BY THE SEA*: Die Konfrontation mit seiner Trauer ermöglicht es Lee, sich seinem verwaisten Neffen nahe zu fühlen. Sie schaffen es, sich als Familie neu zu finden und gemeinsam mit ihrem Schmerz zu leben.

  • BRIDGET JONES - SCHOKOLADE ZUM FRÜHSTÜCK*: Bridget lernt, dass sie sich von Daniel Cleaver und seinem schönen Schein hat blenden lassen, und erkennt in Mr. Darcy endlich ihren Mr. Right.

  • KÖNIG DER LÖWEN*: Simba hat durch seine Erfahrungen im Exil gelernt, dass er - egal wo - immer Teil seiner Familie sein wird, und schafft mit dieser Kraft im Herzen den Sieg über seinen Widersacher, um als neuer König in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.

Als Publikum fällt es uns leicht, diese Entwicklung entspannt zu beobachten und als Entertainment zu genießen. Anders ist es, wenn wir selbst durch eine abrupte Lebensveränderung zur ungewollten Hauptfigur unseres ganz eigenen Dramas werden. Egal ob plötzliche Trennung, Krankheit oder Tod eines Angehörigen - in solchen Zeiten scheinen die vergangenen Lebensentscheidungen oft sinnlos und der Blick in die Zukunft ist vernebelt. Die Psychologie erkennt darin eine Anpassungsstörung, die mit Ängsten und depressiven Verstimmungen einhergeht. Vielleicht geht es dir ähnlich und du liest diese Zeilen gerade, weil du im Internet nach Trost in einer schwierigen Lebenslage gesucht hast. Und den möchte ich dir mit drei Schreibübungen gerne geben.

Diese 3 Tipps helfen dir in Krisenzeiten, wieder an dein eigenes Happy End zu glauben.

#1: Werde zum Publikum deiner Gedanken!

Warum fühlst du bei HERR DER RINGE zwar mit Frodo mit, brichst aber unter der geteilten Last seiner Mission nicht zusammen? Die Antwort ist einfach: Weil du als Publikum zwar Empathie für den mutigen Hobbit empfindest, aber zwischen ihm und dir trennen kannst.

Bring Abstand zwischen dich und dem Erlebten, indem du deine Gedanken auf Papier bringst.

Zahlreiche Studien haben bestätigt, dass es Seele und Körper entlastet, wenn Menschen über ihre Probleme schreiben (Silke Heimes: “Warum Schreiben hilft, die Wirksamkeitsnachweise zur Poesietherapie”, 2019). Auch dir können Stift und Papier dabei helfen, Abstand zu Dingen, Menschen oder Ereignissen zu gewinnen, die dir nicht gut tun.

 
 

Werde zum Publikum deiner eigenen Gedanken und schreibe diese 15-20 Minuten ungefiltert auf Papier. Egal ob mit Abkürzungen, Reimen, Stichpunkten oder ohne Punkt und Komma - alles, was dich beschäftigt, soll ungefiltert und wertfrei durch deinen Stift oder Tastatur fließen. Offiziell nennt sich diese Methode “freewriting” und stammt von Peter Elbow (1973). Zwar nutzte er die Technik zur Kreativitätsförderung, jedoch hilft der freie Bewusstseinsstrom auch bei der Trennung von deinen Problemen und dir als Person. Wiederhole die Übung täglich oder immer dann, wenn deine Gedanken dich zu sehr belasten.

 
 

#2: Ordne deine Lebensgeschichte neu!

Wie Menschen sich selbst verstehen beruht auf erzählerischen Konstruktionen. Macht die bekannte Lebensgeschichte durch äußere Umstände plötzlich keinen Sinn mehr, geraten Menschen ins Straucheln, ziehen sich zurück und fürchten in der Zukunft eine Wiederholung ihres Unglücks. Es droht ein Verharren in der Krise. Die Wissenschaftler White & Epston konnten allerdings nachweisen, dass Menschen sich von einer dysfunktional gewordenen Lebensgeschichte wieder lösen können, indem sie die Lebensereignisse in einen neuen Zusammenhang bringen (“Literate Means to Therapeutic Ends“, 1979).

Nutze dein Wissen über den Midpoint zur Überarbeitung deiner persönlichen Lebensgeschichte.

Was, wenn deine Krise nicht das Ende eines Films, sondern der Beginn einer noch spannenderen und besseren zweiten Hälfte ist? 20 rewrites sind in Hollywood Standard, bis ein Drehbuch verfilmt wird. Nimm dir das zum Vorbild und entwerfe auf dem Papier die Traumversion deiner Lebensgeschichte, die deine aktuelle Krise als Katalysator deiner persönlichen Weiterentwicklung integriert!

 
 

Nimm dir pro Frage 15-20 Minuten Zeit und beantworte sie mittels freewriting (zur Erklärung siehe #1):

  • An welche Situationen in deinem Leben erinnerst du dich, die du einst als Katastrophe bewertet hast, heute aber als eine wichtige Erfahrung einstufst? Was hat deinen Perspektivwechsel veranlasst?

  • Was möchtest du in deinem Leben erreichen? Was ist gut daran? Was fehlt dir?

  • Wenn der Auslöser deiner Krise der Beginn einer Geschichte für eine fiktive Person namens Andi ist: Wie könnte sie weitergehen? Was muss noch alles für ein Happy End passieren?

 
 

Egal wie irrational deine Zukunftsvision dir im Moment erscheint: Zensiere dich nicht selbst, sondern höre deinem Unterbewusstsein zu und wiederhole die Übung täglich für sieben Tage. Erst dann lies, was du geschrieben hast. Erkenne deine wiederkehrende Wünsche: Was kannst du konkret machen, um sie zu verwirklichen?

 

#3: Stelle dich deiner Angst!

Wie kann eine Frau gelassen auf die unerwartete Trennung ihres Partners reagieren, während die andere noch Jahre später daran knabbert? Der Grund liegt oft in individuellen Ängsten, die uns Situationen unterschiedlich bewerten lassen. Die meiste Zeit leben wir mit diesen Ängsten, ohne sie bewusst wahrzunehmen; umso mehr können sie dadurch unbemerkt Einfluss auf unser Verhalten haben.

Ängste können dich daran hindern, dein Leben nach deinen Wünschen zu leben.

Wenn du bislang deinen inneren Monstern erfolgreich davon gerannt bist, zwingt dich eine Lebenskrise zum Stillstand. Plötzlich bist du deiner Furcht hilflos ausgesetzt uns stehst ihr Aug’-in-Aug’ gegenüber. Insofern du psychisch stabil (!) bist, ist jetzt der beste Zeitpunkt, deine größte Angst zu konfrontieren und für ein freieres Leben hinter dir zu lassen. Attacke!

 
 

Nimm dir dafür maximal 60 Minuten Zeit und nutze die unter #1 erklärte Methode des freewriting. Beantworte folgende Fragen:

  • Was fürchtest du am meisten im Leben (egal ob rational oder irrational)? Warum?

  • Was ist das Schlimmste, das dir jemals passieren könnte?

  • Wie reagierst du, sollte deine größte Angst wahr werden?

 
 

Wenn du mit der Übung fertig bist, belohne dich unbedingt mit etwas, das dir gut tut. Das kann ein Spaziergang in der Sonne sein, ein entspannendes Bad oder ein Telefonat mit der besten Freundin. Danach horche in dich hinein? Fühlt sich etwas anders an? Deine Ängste werden durch diese Übung zwar nicht kleiner, aber du vergrößert deine emotionale Komfortzone. Wiederhole die Schreibübung täglich, bis du deinen Ängsten innerlich gefestigt begegnen kannst und aus dem unheimlichen Monster ein guter Bekannter geworden ist.

 

Schreiben, das glücklich macht!

Ich hoffe, dieser Artikel konnte dir Kraft geben und helfen, Krisen als Cliffhanger einer neuen, besseren Lebensgeschichte zu verstehen. Wenn du die Schreibübungen machst, verschwende keine Gedanken an die Qualität des Geschrieben:

Es geht nicht darum, wie du schreibst, sondern was passiert, während du schreibst.

Welcher Tipp hat dir am meisten geholfen? Teile mir deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren mit!

Liv Apollonia Scharbatke

Meine Vision ist es, andere Menschen mit der Kraft des Schreibens und dem Zauber von Geschichten glücklich zu machen. Dafür vereine ich auf diesem Blog mein Wissen als Kommunikationswissenschaftlerin mit meiner Erfahrung als Drehbuchautorin, und freue mich, dich hier auf einer Reise zu dir selbst zu begleiten!

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